Achim von Arnim Mir ist zu licht zum Schlafen
Mir ist zu licht zum Schlafen, Der Tag bricht in die Nacht, Die Seele ruht im Hafen, Ich bin so froh verwacht.
Ich hauchte meine Seele Im ersten Kusse aus, Was ist’s, daß ich mich quäle, Ob sie auch fand ein Haus!
Sie hat es wohl gefunden Auf ihren Lippen schön, O welche sel’ge Stunden, Wie ist mir so geschehn!
Was soll ich nun noch sehen, Ach alles ist in ihr, Was fühlen, was erflehen, Es ward ja alles mir!
Ich habe was zu sinnen, Ich hab, was mich beglückt; In allen meinen Sinnen Bin ich von ihr entzückt.
(1810)
Ernst Blass Die Trennung
Als wir uns trennten, fingst du an zu weinen.
Es wird schon dunkel. Dörfer, Wälder, Reise …
Viel Stunden kann noch unser Leben währen
(o.J.)
Paul Boldt Friedrichstraßendirnen
Sie liegen immer in den Nebengassen,
(1914)
Paul Boldt Liebesmorgen
Aus dem roten, roten Pfühl
Wie die Rosa-Pelikane,
Und nun, eingerauscht ins weiche
Und wir lächeln gleich Verzückten;
(1914)
Paul Boldt Mädchennacht
Der Mond ist warm, die Nacht ein Alkohol, Trocknend ins Mark.
Du hast ein weißes Fleischkleid angezogen.
– Küsse sind Funken, elektrisches Lechzen
Und als ich dir die weißen Knie und,
(1914)
Clemens Brentano Der Spinnerin Nachtlied
Es sang vor langen Jahren Wohl auch die Nachtigall, Das war wohl süßer Schall, Da wir zusammen waren.
Ich sing’ und kann nicht weinen, Und spinne so allein Den Faden klar und rein Solang der Mond wird scheinen.
Da wir zusammen waren Da sang die Nachtigall, Nun mahnet mich ihr Schall Daß du von mir gefahren.
So oft der Mond mag scheinen, Denk’ ich wohl dein allein, Mein Herz ist klar und rein, Gott wolle uns vereinen.
Seit du von mir gefahren, Singt stets die Nachtigall, Ich denk’ bei ihrem Schall, Wie wir zusammen waren.
Gott wolle uns vereinen, Hier spinn’ ich so allein, Der Mond scheint klar und rein, Ich sing’ und möchte weinen
(1818)
Clemens Brentano Geheime Liebe
Unbeglückt muß ich durchs Leben gehen, Meine Rechte sind nicht anerkannt; Aus der Liebe schönem Reich verbannt, Muß ich dennoch stets ihr Schönstes sehen!
Nicht die schwache Zunge darf’s gestehen, Nicht der Blick verstohlen zugesandt, Was sich eigen hat das Herz ernannt, Nicht im Seufzer darf’s der Brust entwehen!
Tröstung such’ ich bei der fremden Nacht, Wenn der leere lange Tag vergangen, Ihr vertrau’ ich mein geheim Verlangen;
Ist in Tränen meine Nacht durchwacht, Und der lange leere Tag kommt wieder, Still ins Herz steigt meine Liebe nieder.
(1814)
Clemens Brentano Wenn die Sonne weggegangen
Wenn die Sonne weggegangen, kömmt die Dunkelheit heran, Abendrot hat goldne Wangen, Und die Nacht hat Trauer an.
Seit die Liebe weggegangen, Bin ich nun ein Mohrenkind, Und die roten, frohen Wangen, Dunkel und verloren sind.
Dunkelheit muß tief verschweigen, Alles Wehe, alle Lust, Aber Mond und Sterne zeigen, Was ihr wohnet in der Brust.
Wenn die Lippen dir verschweigen Meines Herzens stille Glut, Müssen Blick und Tränen zeigen, wie die Liebe nimmer ruht.
(1803)
Gottfried August Bürger Das harte Mädchen
Ich sah so frei und wonnereich
Fragt jeden Sommerwind, der hier
Fragt nur den stillen Bach im Klee:
Mein Auge schaute falkenhell,
Sobald ich auf mein Lager sank,
Nun aber sind mir Lust und Scherz
Nun hauch’ ich meine Seele schier
Nun müssen Bach und Klee genung
Nun härm’ ich ganze Nächte lang,
An meinem Leben nagt die Wut
Das harte Mädchen sieht den Schmerz,
Ein einzig Lächeln voller Huld
Mich weckte wohl ihr süßer Ton
(1778)
Gottfried August Bürger Die Holde, die ich meine
O, was in tausend Liebespracht
Wer hat wie Paradieseswelt
Wer tuschte so mit Kunst und Fleiß
Wer schuf der Holden Purpurmund
Wer ließ vom Nacken blond und schön
Wer gab zu Liebesred’ und Sang
Wer hat zur Fülle höchster Lust
Durch welches Bildners Hände ward
Wer blies so engelfromm und rein Er blies so engelfromm und rein
Lob sei, o Bildner, deiner Kunst
Doch ach! für wen auf Erden lacht
(o.J.)
Gottfried August Bürger Lust am Liebchen
Wie selig, wer sein Liebchen hat, Wie selig lebt der Mann! Er lebt, wie in der Kaiserstadt Kein Graf und Fürst es kann.
Ihm scheinet seiner Seligkeit Kein Preis auf Erden gleich. Selbst arm bis auf den letzten Deut, Dünkt er sich krösusreich.
Die Welt mag laufen, oder stehn; Und alles mag rund um Kopf unten oder oben gehn! Was kümmert er sich drum?
Hui! ist sein Wort zu Strom und Wind, Wer macht aus euch sich was? Nichts mehr, als wehen kann der Wind, Und Regen macht nur naß.
Gram, Sorg’ und Grille sind ihm Spott; Er fühlt sich frei und froh, Und kräht, vergnügt in seinem Gott, In dulci Jubilo.
Durch seine Adern kreiset frisch Und ungehemmt sein Blut. Gesunder ist er, wie ein Fisch, In seiner klaren Flut.
Ihm schmeckt sein Mahl; er schlummert süß Bei federleichtem Sinn, Und träumt sich in ein Paradies Mit seiner Eva hin.
In Götterfreuden schwimmt der Mann, Die kein Gedanke mißt, Der singen oder sagen kann, Daß ihn sein Liebchen küßt. –
Doch ach! was sing’ ich in den Wind, Und habe selber keins? O Evchen, Evchen, komm geschwind, O komm und werde meins!
(1778)
AdAlbert von Chamisso Er, der Herrlichste
Er, der Herrlichste von allen,
So wie dort in blauer Tiefe,
Wandle, wandle deine Bahnen;
Höre nicht mein stilles Beten,
Nur die Würdigste von allen
Will mich freuen dann und weinen,
(1831)
Adalbert von Chamisso Lebe wohl
Wer sollte fragen: wie’s geschah?
Der erste Gruß, den ich dir bot,
Nun kam ich auch tagaus, tagein,
Wir haben uns die Hand gedrückt,
Dann kam der Herbst, der Winter gar,
Ich werde gehn ins fremde Land,
(1826)
Annette von Droste-Hülshoff Brennende Liebe
Und willst du wissen, warum So sinnend so manche Zeit, Mitunter so töricht und dumm, So unverzeihlich zerstreut, Willst wissen auch ohne Gnade, Was denn so Liebes enthält Die heimlich verschlossene Lade, An die ich mich öfter gestellt?
Zwei Augen hab ich gesehn, Wie der Strahl im Gewässer sich bricht, Und wo zwei Augen nur stehn, Da denke ich an ihr Licht. Ja, als du neulich entwandtest Die Blume vom blühenden Rain Und »Oculus Christi« sie nanntest, Da fielen die Augen mir ein.
Auch gibt’s einer Stimme Ton, Tief zitternd, wie Hornes Hall, Die tut’s mir völlig zum Hohn, Sie folget mir überall. Als jüngst im flimmernden Saale Mich quälte der Geigen Gegell, Da hört ich mit einem Male Die Stimme im Violoncell.
Auch weiß ich eine Gestalt, So leicht und kräftig zugleich, Die schreitet vor mir im Wald Und gleitet über den Teich; Ja, als ich eben in Sinnen Sah über des Mondes Aug Einen Wolkenstreifen zerrinnen, Da war ihre Form, wie ein Rauch.
Und höre, höre zuletzt, Dort liegt, da drinnen im Schrein, Ein Tuch mit Blute genetzt, Das legte ich heimlich hinein. Er ritzte sich nur an der Schneide, Als Beeren vom Strauch er mir hieb, Nun hab ich sie alle beide, Sein Blut und meine brennende Lieb.
(1844)
Joseph von Eichendorff An Luise
Ich wollt in Liedern oft dich preisen,
(1816)
Joseph von Eichendorff Das zerbrochene Ringlein
In einem kühlen Grunde Da geht ein Mühlenrad, Mein’ Liebste ist verschwunden, Die dort gewohnet hat.
Sie hat mir Treu versprochen, Gab mir ein’n Ring dabei, Sie hat die Treu gebrochen, Mein Ringlein sprang entzwei.
Ich möcht als Spielmann reisen Weit in die Welt hinaus, Und singen meine Weisen, Und gehn von Haus zu Haus.
Ich möcht als Reiter fliegen Wohl in die blut’ge Schlacht, Um stille Feuer liegen Im Feld bei dunkler Nacht.
Hör ich das Mühlrad gehen: Ich weiß nicht, was ich will ‒ Ich möcht am liebsten sterben, Da wär’s auf einmal still.
(1813)
Joseph von Eichendorff Der Blick
Schaust Du mich aus Deinen Augen
Könnte sie’s auch wörtlich sagen
Und ich seh’ des Himmels Quelle,
Und ich öffne still im Herzen
(o.J.)
Joseph von Eichendorff Der letzte Gruß
Ich kam vom Walde hernieder, Da stand noch das alte Haus, Mein Liebchen, sie schaute wieder Wie sonst zum Fenster hinaus.
Sie hat einen andern genommen, Ich war draußen in Schlacht und Sieg. Nun ist alles anders gekommen, Ich wollt, ’s wär wieder erst Krieg.
Am Wege dort spielte ihr Kindlein, Das glich ihr recht auf ein Haar, Ich küßts auf sein rotes Mündlein: »Gott segne dich immerdar!«
Sie aber schaute erschrocken Noch lange Zeit nach mir hin, Und schüttelte sinnend die Locken Und wußte nicht, wer ich bin. –
Da droben hoch stand ich am Baume, Da rauschten die Wälder so sacht, Mein Waldhorn, das klang wie im Traume Hinüber die ganze Nacht.
Und als die Vögelein sangen Frühmorgens, sie weinte so sehr, Ich aber war weit schon gegangen, Nun sieht sie mich nimmermehr!
(1834)
Bruno Ertler Liebesnacht
Es gibt keine Welt und sie lebten!
(1919)
Johann Wolfgang Goethe Maifest
Wie herrlich leuchtet Mir die Natur! Wie glänzt die Sonne! Wie lacht die Flur!
Es dringen Blüten Aus jedem Zweig Und tausend Stimmen Aus dem Gesträuch.
Und Freud und Wonne Aus jeder Brust. O Erd’, o Sonne, O Glück, o Lust,
O Lieb, o Liebe, So golden schön Wie Morgenwolken Auf jenen Höhn,
Du segnest herrlich Das frische Feld – Im Blütendampfe Die volle Welt!
O Mädchen, Mädchen Wie lieb ich dich Wie blinkt dein Auge Wie liebst du mich.
So liebt die Lerche Gesang und Luft Und Morgenblumen Den Himmelsduft,
Wie ich dich liebe Mit warmem Blut, Die du mir Jugend Und Freud und Mut
Zu neuen Liedern Und Tänzen gibst, Sei ewig glücklich, Wie du mich liebst.
(1775)
Johann Wolfgang Goethe Rastlose Liebe
Dem Schnee, dem Regen. Dem Wind entgegen, Im Dampf der Klüfte, Durch Nebeldüfte, Immer zu! Immer zu! Ohne Rast und Ruh!
Lieber durch Leiden Möcht ich mich schlagen, Als so viel Freuden Des Lebens ertragen. Alle das Neigen Von Herzen zu Herzen, Ach, wie so eigen Schaffet das Schmerzen!
Wie soll ich fliehen? Wälderwärts ziehen? Alles vergebens! Krone des Lebens, Glück ohne Ruh, Liebe, bist du!
(1776)
Johann Wolfgang Goethe Willkommen und Abschied
Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde! Es war getan fast eh’ gedacht; Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht: Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah.
Der Mond von einem Wolkenhügel Sah kläglich aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsaus’ten schauerlich mein Ohr; Die Nacht schuf tausend Ungeheuer; Doch frisch und fröhlich war mein Mut: In meinen Adern welches Feuer! In meinem Herzen welche Glut!
Dich sah ich, und die milde Freude Floß von dem süßen Blick auf mich; Ganz war mein Herz an deiner Seite Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Umgab das liebliche Gesicht, Und Zärtlichkeit für mich – Ihr Götter! Ich hofft’ es, ich verdient’ es nicht!
Doch ach! schon mit der Morgensonne Verengt der Abschied mir das Herz: In deinen Küssen welche Wonne! In deinem Auge welcher Schmerz! Ich ging, du standst und sahst zur Erden, Und sahst mir nach mit nassem Blick: Und doch, welch Glück, geliebt zu werden! Und lieben, Götter, welch ein Glück!
(1775)
Heinrich Heine Ein Jüngling liebt ein Mädchen
Ein Jüngling liebt ein Mädchen, Die hat einen andern erwählt; Der andre liebt eine andre, Und hat sich mit dieser vermählt.
Das Mädchen heiratet aus Ärger Den ersten, besten Mann, Der ihr in den Weg gelaufen; Der Jüngling ist übel dran.
Es ist eine alte Geschichte, Doch bleibt sie immer neu; Und wem sie just passieret, Dem bricht das Herz entzwei.
(1822)
Heinrich Heine Ich steh auf des Berges Spitze
Ich steh auf des Berges Spitze,
Wenn ich eine Schwalbe wäre,
Wenn ich eine Nachtigall wäre,
Wenn ich ein Gimpel wäre,
(o.J.)
Max Herrmann-Neiße An eine Jüdin in Schwarz
Daß ich dich gefangen hielte, Deiner Seele Blutenden Wind, Daß ich mit dir spielte, Wie mit einem Kind! Daß deine Kehle Das Mahl meiner Zähne trüge!
Du braune Lüge!
Wie eine Katze Streichst du durch Sommerabendzeit Unter Linden - - - -
Meine Glut schürt nach dem Schatze, Fühlst du nicht, wie sie giergrabend schreit: »Ich will finden!«
Du braune Seligkeit!
In der Frühe nahm ich ein Bad - - - Deine Strümpfe sind ja durchbrochen - Über meinen Pfad Sind Schnecken gebrochen. Schwarzes Kleid, weißes Linnen, braune Haut Und die rote Wunde - - -
Wird mir so vor ihnen grauen - - -
O lasse Sie über meinem herben Abend ein helles Dach erbauen! Du Frucht der Frauen!
Du braune Frau Zebadoth!
(o.J.)
Max Herrmann-Neiße Nacht im Stadtpark
Ein schmales Mädchen ist sehr liebevoll
Ein Johlen rollt die Straße hin und stirbt,
(1914)
Wilhelm Hertz Liebesfrühling
Liebchen, sieh, der Frühling kam uns wieder, Alle Wesen glühn, ihn zu begrüßen,
Daß die Welt nicht in des Todes Banden, Ohne Blumen, ohne Menschen bliebe,
Droben noch am Waldberg kämpft der Winter Hinterm Eiswall müde und vergebens, Aber mächtig aus den Blütentälern Jauchzet der Triumphgesang des Lebens. Von der Knospe ahnungsreicher Fülle, So von deines Leibes Lenzgeheimnis Heb’ ich leis die jungfräuliche Hülle.
Seufzend Sträuben, – atemtrunk’nes Ringen, – Taubeschwert die klaren Häupter wiegen.
Herz an Herz, und Lippe bebt an Lippe
Und der Flieder neigt auf unsre Häupter Leicht erregt die jungen Blättertriebe, –
(1859)
Georg Heym Abends
Es ist ganz dunkel. Und die Küsse fallen
(1912)
Georg Heym Deine Wimpern, die langen …
Deine Wimpern, die langen, Deiner Augen dunkele Wasser, Laß mich tauchen darein, Laß mich zur Tiefe gehen.
Steigt der Bergmann zum Schacht Und schwankt seine trübe Lampe Über der Erze Tor, Hoch an der Schattenwand,
Sieh, ich steige hinab, In deinem Schoß zu vergessen, Fern, was von oben dröhnt, Helle und Qual und Tag.
An den Feldern verwächst, Wo der Wind steht, trunken vom Korn, Hoher Dorn, hoch und krank Gegen das Himmelsblau.
Gib mir die Hand, Wir wollen einander verwachsen, Einem Wind Beute, Einsamer Vögel Flug,
Höre im Sommer Die Orgel der matten Gewitter, Baden in Herbsteslicht, Am Ufer des blauen Tags.
Manchmal wollen wir stehn Am Rand des dunkelen Brunnens, Tief in die Stille zu sehn, Unsere Liebe zu suchen.
Oder wir treten hinaus Vom Schatten der goldenen Wälder, Groß in ein Abendrot, Das dir berührt sanft die Stirn.
Göttliche Trauer, Schweige der ewigen Liebe. Hebe den Krug herauf, Trinke den Schlaf.
Einmal am Ende zu stehn, Wo Meer in gelblichen Flecken Leise schwimmt schon herein Zu der September Bucht.
Oben zu ruhn, Im Hause der durstigen Blumen, Über die Felsen hinab Singt und zittert der Wind.
Doch von der Pappel, Die ragt im Ewigen Blauen, Fällt schon ein braunes Blatt, ruht auf dem Nacken dir aus.
(1912)
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau An Albanie
Albanie, gebrauche deiner Zeit Albanie.
Albanie, der schönen Augen Licht, Der Leib und was auf den beliebten Wangen, Ist nicht für dich, für uns nur zugericht. Die Äpfel, die auf deinen Brüsten prangen, Sind unsre Lust und süße Anmutssee. Albanie.
Albanie, was quälen wir uns viel
Albanie, soll denn dein warmer Schoß
Albanie, wer kann die Süßigkeit
Albanie, weil noch der Wollusttau Ein brünstger Geist dir knieend Opfer bringet,
(o.J.)
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau Beschreibung vollkommener Schönheit
Ein Haar, so kühnlich Trotz der Berenice spricht, Ein Mund, der Rosen führt und Perlen in sich heget, Ein Zünglein, so ein Gift für tausend Herzen träget, Zwo Brüste wo Rubin durch Alabaster bricht;
Ein Hals, der Schwanenschnee weit, weit zurücke sticht Zwei Wangen, wo die Pracht der Flora sich beweget, Ein Blick, der Blitze führt und Männer niederleget, Zwei Armen, deren Kraft oft Leuen hingericht;
Ein Herz, aus welchem nichts als mein Verderben quillet, Ein Wort, so himmlisch ist und mich verdammen kann, Zwei Hände, deren Grimm mich in den Bann getan
Und durch ein süßes Gift die Seele selbst umhüllet; Ein Zierrat, wie es scheint, im Paradies gemacht, Hat mich um meinen Witz und meine Freiheit bracht.
Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau Vergänglichkeit der Schönheit
Es wird der bleiche Tod mit seiner kalten Hand Dir endlich mit der Zeit um deine Brüste streichen, Der liebliche Korall der Lippen wird verbleichen; Der Schultern warmer Schnee wird werden kalter Sand.
Der Augen süßer Blitz, die Kräfte deiner Hand, Für welchen solches fällt, die werden zeitlich weichen. As Haar, das itzund kann des Goldes Glanz erreichen, Tilgt endlich Tag und Jahr als ein gemeines Band.
Der wohlgesetzte Fuß, die lieblichen Gebärden, Die werden teils zu Staub, teils nichts und nichtig werden; Dann opfert keiner mehr der Gottheit deiner Pracht.
Dies und noch mehr als dies muss Endlich untergehen. Dein Herze kann allein zu aller Zeit bestehen, Dieweil es die Natur aus Diamant gemacht.
(1697)
Oskar Kanehl Nachtcafé
Peinlicher Duft beißender Parfümerien, Kaum daß man es merkt
Jakob Michael Reinhold Lenz Ach, bist du fort? aus welchen güldnen Träumen
Ach, bist du fort? aus welchen güldnen Träumen Erwach’ ich jetzt zu meiner Qual! Kein Bitten hielt dich auf, du wolltest doch nicht säumen, Du flogst davon zum zweitenmal.
Zum zweitenmal sah ich dich Abschied nehmen, Dein göttlich Aug’ in Tränen stehn, Für deine Freundinnen – des Jünglings stummes Grämen Blieb unbemerkt, ward nicht gesehn.
O warum wandtest du die holden Blicke Beim Abschied immer von ihm ab? O warum ließest du ihm nichts, ihm nichts zurücke Als die Verzweiflung und das Grab?
Wie ist die Munterkeit von ihm gewichen! Die Sonne scheint ihm schwarz, der Boden leer, Die Bäume blühn ihm schwarz, die Blätter sind verblichen, Und alles welket um ihn her.
Er läuft in Gegenden wo er mit dir gegangen, Im krummen Bogengang, im Wald, am Bach – Und findet dich nicht mehr – und weinet voll Verlangen Und voll Verzweiflung dort dir nach.
Dann in die Stadt zurück, doch die erweckt ihm Grauen, Er findet dich nicht mehr, Vollkommenheit! Ein andrer mag nach jenen Puppen schauen, Ihm sind die Närrinnen verleid’t.
O laß dich doch, o laß dich doch erflehen, Und schreib ihm einmal nur – ob du ihn liebst! Ach, oder laß ihn nie dich wiedersehen, Wenn du ihm diesen Trost nicht gibst!
Wie? nie dich wiedersehn? – Entsetzlicher Gedanke! Ström alle deine Qual auf mich! Ich fühl’, ich fühl’ ihn ganz – es ist zu viel – ich wanke – Ich sterbe, Grausame – für dich!
(1772)
Jakob Michael Reinhold Lenz Wo bist du itzt, mein unvergeßlich Mädchen?
Wo bist du itzt, mein unvergeßlich Mädchen, Wo singst du itzt? Wo lacht die Flur, wo triumphiert das Städtchen, Das dich besitzt?
Seit du entfernt, will keine Sonne scheinen, Und es vereint Der Himmel sich, dir zärtlich nachzuweinen, Mit deinem Freund.
All unsre Lust ist fort mit dir gezogen, Still überall Ist Wald und Feld. Dir nach ist sie geflogen Die Nachtigall.
O komm zurück! Schon rufen Hirt und Herden Dich bang herbei. Komm bald zurück! Sonst wird es Winter werden Im Monat Mai.
(1772)
Nikolaus Lenau Dein Bild
Die Sonne sinkt, die Berge glühn, Und aus des Abends Rosen Seh’ ich so schön dein Bild mir blühn, So fern dem Hoffnungslosen.
Strahlt Hesperus dann hell und mild Am blauen Himmelsbogen, So hat mit ihm dein süßes Bild Die Sternenflur bezogen.
Im mondbeglänzten Laube spielt Der Abendwinde Säuseln; Wie freudig um dein zitternd Bild Des Baches Wellen kräuseln! –
Es braust der Wald, am Himmel ziehn Des Sturmes Donnerflüge, Da mal’ ich in die Wetter hin, O Mädchen, deine Züge.
Ich seh’ die Blitze trunkenhaft Um deine Züge schwanken, Wie meiner tiefen Leidenschaft Aufflammende Gedanken.
Vom Felsen stürzt die Gemse dort, Enteilet mit den Winden; So sprang von mir die Freude fort Und ist nicht mehr zu finden.
Da bin ich, weiß nicht selber wie, An einen Abgrund kommen, Der noch das Kind der Sonne nie In seinen Schoß genommen.
Ich aber seh’ aus seiner Nacht Dein Bild so hold mir blinken, Wie mir dein Antlitz nie gelacht; – Will’s mich hinunterwinken? –
(1832)
Alfred Lichtenstein Erotisches Variéte
Auf offner Straße in der Nacht
Nach gleichgesinnten Viechern schielt
In schmutzig grüner Tunke hockt
Ein Auto bringt ein Fräulein um.
(1913)
Eduard Mörike Aus: Peregrina
Ein Irrsal kam in die Mondscheingärten Einer einst heiligen Liebe. Schaudernd entdeckt ich verjährten Betrug. Und mit weinendem Blick, doch grausam, Hieß ich das schlanke, Zauberhafte Mädchen Ferne gehen von mir. Ach, ihre hohe Stirn, War gesenkt, denn sie liebte mich; Aber sie zog mit Schweigen Fort in die graue Welt hinaus.
Krank seitdem, Wund ist und wehe mein Herz. Nimmer wird es genesen!
Als ginge, luftgesponnen, ein Zauberfaden Von ihr zu mir, ein ängstig Band, So zieht es, zieht mich schmachtend ihr nach! – Wie? Wenn ich eines Tages auf meiner Schwelle Sie sitzen fände, wie einst, im Morgen-Zwielicht, Das Wanderbündel neben ihr, Und ihr Auge, treuherzig zu mir aufschauend, Sagte, da bin ich wieder Hergekommen aus weiter Welt!
(1824)
Eduard Mörike Erstes Liebeslied eines Mädchens
Was ist im Netze? Schau einmal! Aber ich bin bange; Greif ich einen süßen Aal? Greif ich eine Schlange?
Lieb ist blinde Fischerin; Sagt dem Kinde, Wo greifts hin?
Schon schnellt mirs in Händen! Ach Jammer! O Lust! Mit Schmiegen und Wenden Mir schlüpfts an die Brust.
Es beißt sich, o Wunder! Mir keck durch die Haut, Schießt’s Herze hinunter! O Liebe, mir graut!
Was tun, was beginnen? Das schaurige Ding, Es schnalzet da drinnen, Es legt sich im Ring.
Gift muß ich haben! Hier schleicht es herum, Tut wonniglich graben Und bringt mich noch um!
(o.J.)
Wilhelm Müller Erstarrung
Ich such’ im Schnee vergebens
Ich will den Boden küssen,
Wo find’ ich eine Blüte,
Soll denn kein Angedenken
Mein Herz ist wie erfroren,
(1822)
Betty Paoli Trennung
Was wir gelitten und erduldet
Wer an dem Zwiespalt unsrer Tage –
Ich weiß nur eins! nur eines fühle
Und da wir dennoch uns gefunden,
Nicht böser Wille ist’s gewesen,
Ein Frevel war, was einst wir schwuren
Je heißer, sehnender sie ringen
Und so ist es auch uns ergangen,
Jetzt ist der Klarheit Tag erschienen –
(1856)
ALFONS PETZOLD Was wäre dieser Frühling ohne dich?
Was wäre dieser Frühling ohne Dich?
(1917)
Ludwig Rellstab Ständchen
Leise flehen meine Lieder Durch die Nacht zu dir; In den stillen Hain hernieder, Liebchen, komm zu mir!
Flüsternd schlanke Wipfel rauschen In des Mondes Licht, Des Verräters feindlich Lauschen Fürchte, Holde, nicht.
Hörst die Nachtigallen schlagen? Ach, sie flehen dich, Mit der süßen Töne Klagen Flehen sie für mich.
Sie verstehn des Busens Sehnen, Kennen Liebesschmerz, Rühren mit den Silbertönen Jedes weiche Herz.
Laß auch dir die Brust bewegen, Liebchen, höre mich. Bebend harr ich dir entgegen! Komm, beglücke mich!
(1827)
Emil Rittershaus Am Grabe meines Weibes.
»Du
bist die Sonne meines Lebens Emil Rittershaus.
»Ewig
jung ist nur die Sonne,
Ich
steh’, mein Weib, an deiner Schlummerstatt. –
Wie oft
du sprachst mit fröhlichem Gesicht, Wo du
warst, war der schönste Sonnenglanz,
Und
also ist’s: den heißgeliebten Mann
Wo sich
die Kummerwolke drohend ballt,
(1896)
Ernst Stadler In diesen Nächten
In diesen Nächten friert mein Blut nach deinem Leib, Geliebte. O, meine Sehnsucht ist wie dunkles Wasser aufgestaut vor Schleusentoren, In Mittagstille hingelagert reglos lauernd, Begierig, auszubrechen. Sommersturm, Der schwer im Hinterhalt geladner Wolken hält. Wann kommst du, Blitz, Der ihn entfacht, mit List befrachtet, Fähre, Die weit der Wehre starre Schenkel von sich sperrt? Ich will Dich zu mir in die Kissen tragen so wie Garben jungen Klees In aufgelockert Land. Ich bin der Gärtner, Der weich dich niederbettet. Wolke, die Dich übersprengt, und Luft, die dich umschließt. In deine Erde will ich meine irre Glut vergraben und Sehnsüchtig blühend über deinem Leibe auferstehn.
(1914)
Ludwig Tieck Gefühl der Liebe
Trübe hing ein dichter Schleier Über Busch und Wald daher. Sagt, wo ist die Frühlingsfeier? Ist der Wald an Tönen leer?
Rührt kein Wind sich in den Zweigen, Treibt die Wolken über’s Feld? – Dumpfes, ödes, totes Schweigen, Die Natur gefangen hält. –
Und mir ward im Busen bange, Denn kein Stimmlein sprach mich an, Seufzte tief und harrte lange, Klagte: Sonne, komm heran!
Aber dichter ward der Schatten, Wolken hingen tiefer ab, Dunkler schwärzten sich die Matten, Alles Feld ein enges Grab.
Durch den Nebel warf ich Blicke Wie man in die Ferne schaut, Alle kamen mir zurücke, Finsternis war vorgebaut.
Da warf ich mich weinend nieder, Wünscht’ im Unmut tot zu sein: Tot sind alle Lerchenlieder, Abgestorben Sonnenschein. –
Warum soll denn ich noch leben In der wüsten Dunkelheit, Hier wo Schrecken um mich weben, In mir selber Angst und Leid? –
Plötzlich war’s, wie wenn an Saiten, Abendwind vorüberschwebt Und in Harfentönen webt, Über Blumen hinzuschreiten,
An der fernsten fernsten Grenze Teilte sich die dunkle Nacht, Und ein Sonnenblick voll Pracht Wand sich durch die Nebelkränze.
Als ich kaum zu atmen wagte, Schoß der Strahl, ein goldner Pfeil, Schnell in glühendroter Eil Hin zum Orte, wo ich klagte.
Schreckenfroh sah ich den Schein, Kriegte Mut zu neuem Leben: Sollte das der Frühling sein? Könnt’ es doch wohl Freuden geben?
Da erglühten schon die Wogen, Funkeln ging auf grüner Flur, Morgenrot sprang kühn in Bogen, Glänzend, taumelnd die Natur.
Und die Waldung blieb nicht träge, Alle Vögel sprangen auf, Jubelten durch das Gehege, Jagten sich im muntern Lauf. –
In des Jauchzens Lust verloren Dacht’ ich nicht an Sterben mehr, Fühlte mich nun neugeboren In dem goldnen Freudenmeer.
Ach! sie ist mir endlich nahe, Nach der meine Sehnsucht rang, Seit ich ihre Augen sahe Fühl’ ich neuen Lebensdrang.
Alle Klagen sind verschwunden, Fort der Seufzer banger Schwarm, Mit der Liebe fest verbunden Ruh’ ich in des Glückes Arm. –
(1798)
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